Drehtuer ins Glueck by Lisa Torberg

Drehtuer ins Glueck by Lisa Torberg

Autor:Lisa Torberg [Torberg, Lisa]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-06-05T22:00:00+00:00


Zwölf Stunden später wachte ich auf und fühlte mich besser, nicht mehr so schlapp, doch die Haut spannte unangenehm. Vor allem Gesicht und Bauch brannten, die Augenlider waren rot und verschwollen. Ich kam mir vor wie eine Schlange vor dem Häuten, zumindest stellte ich mir das so vor und bedauerte die Reptilien unsäglich. Greta hatte die Nacht in Alexanders Zimmer verbracht, um auf die Kinder und mich aufzupassen. Jetzt stand sie in der offenen Tür. »Ihr seid doch meine Familie, da macht man sich halt Sorgen«, meinte sie lapidar. Das Fieber war verschwunden, wie die durchgeschwitzten Laken bewiesen. Ich duschte lauwarm, cremte mich mit Mariannes Heilsalbe ein, die in einem unbeschrifteten Tiegel war und angenehm duftete. Dann hüllte ich mich in die weite Baumwolltunika, die Greta bereitgelegt hatte und ging in die Küche. Jetzt kaute ich bereits an meinem dritten Croissant mit Butter und Honig und genoss es, im Kreise der Familie zu sein. Als ich ihnen erzählte, was ich am Vortag erlebt hatte, wollten die Kinder unbedingt mehr von den wilden Pferden wissen. »In den nächsten Tagen, wenn es uns allen wieder gut geht und nicht zu heiß ist, fahren wir zum Etang du Charnier, großes Indianerehrenwort!«, sagte ich und hob die rechte Hand zum Schwur, was mit belustigtem Lachen quittiert wurde.

»Indianer, richtig«, meinte Marianne lachend. »Du brauchst wirklich keine Kriegsbemalung!«

»Karola, ohne Sonnenschirm zur heißesten Tageszeit im Hochsommer an den Strand zu gehen, das war eine Schnapsidee«, warf Greta ein. »Waren denn viele Sonnenhungrige dort?«

»Wenn du mich so fragst, nein. Eher wenige. Hier ist es anders als sonst wo am Meer, das fiel mir sofort auf. Hierher kommt man nicht, um einen Badeurlaub zu verbringen. Das Wasser dient eher zur Abkühlung nach einem langen Ausflugstag. Ich habe einige Paare und junge Leute gesehen und eben Maria, die alleine war, so wie ich.« Ich erzählte von der Hilfsbereitschaft der Spanierin und davon, dass sie den Sommer über herumreiste und den Rest des Jahres als Übersetzerin arbeitete.

»Wahrscheinlich eine Zigeunerin«, meinte Albert, der ebenso wie Andreas still seinen Kaffee trank und zuhörte.

»Zigeunerin? Aber nein, sie ist zwar vom Aussehen her ein südländischer Typ aber eine ganz normale Frau.«

»Doch, Karola, es ist möglich«, warf Marianne ein. »Saintes-Maries ist seit Jahrhunderten eine wichtige Stadt für Zigeuner aus aller Welt, egal ob Roma, Sinti oder anderer Abstammung. Der Ort ist das Ziel der Zigeunerwallfahrten, die den Höhepunkt im Mai haben. Man kann ihre Wohnmobile überall sehen, nicht nur auf den Campingplätzen in und um den Ort. Die Einheimischen sind zwar daran gewöhnt, doch auch wenn sich die meisten Zigeuner respektvoll verhalten, gibt es unzählige kleine Gauner unter ihnen.«

Albert nickte zustimmend und sagte: »Das ist der Grund, weshalb wir alle hier vorsichtig, manch einer auch feindselig, auf Fremde schauen. Es gibt viele unangenehme Vorkommnisse, und jedes Mal, wenn ein Auto gestohlen wird oder ein Tier verschwindet, waren nachweisbar Zigeuner in der Nähe.«

»Ja, das stimmt leider«, warf Marianne ein. »Und leider sind auch immer wieder Kinder entführt worden.«

Erstaunt sah ich sie an und wartete auf weitere Details, doch Greta kam mir zuvor.



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